Am 30. März 2022 um 13:00 Uhr hat das aus drei Richtern bestehende Gremium des Bezirksgerichts Helsinki Frau Parlamentarierin und ehemalige Ministerin Päivi Räsänen und Bischof Dr. Juhana Pohjola einstimmig freigesprochen und alle Anklagen zurückgewiesen.
– Die Entscheidung des Bezirksgerichts war keine Überraschung. Sie betrifft auch nicht nur uns, sondern sie ist ein Sieg ebenfalls für die Meinungs- und Religionsfreiheit in Finnland und darüber hinaus. Mit ihren Bemühungen, die christliche Sexualerziehung zu kriminalisieren, hat das Vorgehen der Staatsanwältin Angst in der Gesellschaft geschürt. Es war wichtig, vom Bezirksgericht ein starkes Signal für unsere Grundrechte als Bürger und Christen zu bekommen. Es war notwendig vom Gericht zu erfahren, dass wir uns nicht des Volksverhetzungstatbestandes schuldig gemacht haben, da wir uns stets mit der beleidigenden Rede zurückgehalten haben. Stattdessen haben wir das Menschenbild und die Ehe dem Naturrecht und der Bibel gemäß gelehrt und werden es als Kirche weiterhin sowohl privat als auch öffentlich tun. Während ich mich über diese Entscheidung freue, finde ich es aber problematisch, dass das Bezirksgericht Päivi Räsänens Schreiben ”Als Mann und Frau schuf er sie” immerhin als beleidigende ansieht, obwohl dies nicht strafbar im Sinne des Strafgesetzbuches sei, kommentierte Bischof Pohjola die Entscheidung.
Das Bezirksgericht Helsinki hatte die Klagen der Staatsanwaltschaft gegen Räsänen und Pohjola in zwei Anhörungen am 24. Januar und 14. Februar 2022 angehört. Bischof Pohjola wurde in seiner Rolle als Chefredakteur beschuldigt, Räsänens Schreiben zur öffentlichen Verbreitung herausgegeben zu haben. Laut der Staatsanwältin beleidige das Heft Homosexuelle. Die Staatsanwaltschaft hatte von Pohjola sechzig Tagesbussgelder und von der Finnischen Lutherstiftung Gemeinschaftbussgelder in Höhe von 10.000 Euro gefordert.
Pohjolas Anwalt Jyrki Anttinen hat sich zu der Entscheidung des Bezirksgerichts geäußert:
– Der Fall wurde auf der Grundlage einer Beweiswürdigung unter Berücksichtigung des Hintergrunds und Kontexts des Schreibens entschieden. Das Pamphlet wurde nicht zum Zwecke der Beleidigung geschrieben, sondern um die religiöse Auffassung von der Ehe zu verteidigen. Das Bezirksgericht entschied, dass die Zitate an sich unbestritten seien, aber nicht zum Nachteil von Päivi Räsänen weiter ausgelegt werden könnten.
Das Bezirksgericht entschied, dass die Passagen in dem Schreiben zwar als anstößig angesehen werden könnten, aber nicht so schwerwiegend, dass sie die Gleichheit und Würde der Homosexuellen verletzten oder Verachtung oder Hass weckten. Weder hat Päivi Räsänen mit ihrem Schreiben Homosexuelle beleidigend beschimpft, noch hat sich Juhana Pohjola eines strafbaren Verhaltens schuldig gemacht. Auch der Strafantrag gegen die Lutherstiftung wurde abgelehnt.
Trotzdem müssten die Entscheidungsgründe des Bezirksgerichts genauer geprüft werden, denn bis jetzt stimme ich nicht ganz damit überein, wie das Gericht, trotz des Freispruchs, die diesbezüblichen Passagen des Schreibens von Räsänen immerhin als beleidigend einschätzt, sagt Anttinen.
Der ”Prozess um die Bibel” hat sowohl im Inland als auch international viel Aufmerksamkeit erregt. Während des gesamten Prozesses gab es viele private und öffentliche Unterstützungsbekundungen.
– Ich möchte allen danken, die uns unter diesem langen Prozess unterstützt und ermutigt haben. Es gab eine große Anzahl von Fürbittern auf der ganzen Welt. Es geht im Grunde um einen geistlichen Kampf und um das Evangelium Christi, fuhr Pohjola fort.
Die Staatsanwalt hat die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts Berufung einzulegen. Daher ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig.
Am 14.2.2022 versammelte sich das Amtsgericht Helsinki zum zweiten Mal zum „Bibel-Thing“. Bei der zweiten Sitzung waren die Abschließenden Stellungnahmen der Staatsanwältin und der Angeklagten an der Reihe. Die Länge dieser Reden wurde auf eine Stunde begrenzt. Daher war diese Sitzung wesentlich kürzer als die erste.
Im Vergleich zur ersten Gerichtssitzung waren die einheimischen Medien weniger vertreten. Die ausländischen Medienvertreter waren diesmal in der Mehrheit. Daher wurde aus dem Vorplatz des Gerichtsgebäudes Programm direkt ins Ausland übertragen.
Auch die internationale Menschenrechtsorganisation CitizenGo war vor Ort vertreten. Ihre Vertreter haben vor Ort für die Redefreiheit demonstriert und auch von da aus berichtet. Vor dem Beginn der Gerichtssitzung wurde Päivi Räsänen eine internationale Unterschriftensammlung zu ihrer Unterstützung überreicht.
Wieder wurde vor dem Amtsgericht nicht nur für die Parlamentsabgeordnete Päivi Räsänen und für den Bischof Juhana Pohjola, sondern auch für weitreichende Meinungs- und Religionsfreiheit demonstriert. Die beiden begrüßten die Demonstrierenden mithilfe eines Megaphons, dankten ihnen für ihre Unterstützung und ermutigten sie, sich weiterhin für Rede- und Religionsfreiheit einzusetzen.
Staatsanwältin Anu Mantila gab die abschließende Stellungnahme der Staatsanwaltschaft ab. Bezirksstaatsanwältin Maija Päivinen kam nicht zur Sprache. Nach den Schlussworten der Staatsanwaltschaft gab es eine kurze Prozesspause. Staatsanwältin Anu Mantila wurde während der Pause für die Nachrichten des kommerziellen Fernsehsenders MTV3 interviewt. Sie betonte nach wie vor, dass Päivi Räsänen durch Verletzung der Homosexuellen gegen das Gesetz verstoßen habe.
Bischof Juhana Pohjola kommentiert kurz die abschließende Stellungnahme der Staatsanwältin:
– Die leitende Idee der Staatsanwaltschaft scheint zu sein, dass man das, was die Bibel lehrt, öffentlich als seine eigene Meinung nicht lehren dürfe und dass die Religionsfreiheit es nicht erlaube, sich laut zu äußern, wenn das Gesagte als Diskriminierung einer Minderheit empfunden wird. Nach dieser Vorstellung dürfe die biblische Lehre über Ehe, Sexualität, Sünde und Gnade nicht öffentlich verkündet werden. Das ist ein Angriff auf die Religionsfreiheit.
Nach der Pause waren die Verteidiger Matti Sankamo und Jyrki Anttinen an der Reihe, ihre abschließenden Stellungnahmen zu geben.
Die Verteidigung wies die Vorwürfe zurück und kritisierte die Staatsanwältin dafür, dass sie die Gründe ihrer Anklagepunkte nicht schon am ersten Verhandlungstag aufgeführt, sondern sich auf allgemeinere Argumente und auf bibeltheologische Reflexion konzentriert habe. Da die Staatsanwaltschaft die Anklagen nicht begründete, hätten die Angeklagten kaum Gelegenheit, sich gegen die Anklagen zu wehren.
Es herrschte auch große Meinungsverschiedenheit darüber, ob die Handlung einer Person von ihrer Identität unterschieden werden kann. Die Verteidigung entgegnete dem Argument der Staatsanwaltschaft, Tat und Identität seien nicht zu trennen, damit, dass diese Trennung ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Menschenbildes und der Lehre von Schuld und Sühne und der Errettung des Sünders sei.
Nach Ansicht der Verteidigung gibt es einen großen Unterschied zwischen den Behauptungen, die in der Vorladung der Staatsanwaltschaft aufgestellt wurden, und den Sachen, die tatsächlich im betreffenden Heft, im infrage kommenden Radioprogramm und in der diesbezüglichen Twitter-Nachricht erwähnt wurden.
Jyrki Anttinen argumentiert:
– Im diesem Verfahren geht es nicht um einen Prozess aufgrund des finnischen Rechts gegen die Angeklagten, die mit der Bibel ihre abfälligen Auffassungen begründeten, sondern um eine von der Staatsanwaltschaft konstruierte Auslegung der herausgegebenen Texte der Angeklagten. Der ideologisch-theologische Rahmen der Staatsanwältin verhindert es, dem Zeugnis von der Würde eines jeden Menschen sowohl in der zu behandelnden Schrift als auch mündlich vor Gericht, das nötige Gewicht zu verleihen. Dasselbe gilt der Absage der Angeklagten an Homosexuelle verunglimpfende Äußerungen. Durch ihre Interpretationen versucht die Staatsanwältin, die sexualethische Lehre der Angeklagten, die zum Allgemeingut in der Christenheit gehört, zum Schweigen zu bringen und zu kriminalisieren. Die Ansichten der Staatsanwältin sind weder aufgrund des finnischen Rechts noch aufgrund der Bibel vertretbar.
Das Gericht wird seine Entscheidung am 30. März kundgeben.
Bischof Pohjola wird für die Nachrichten des finnischen Staatsfernsehens YLE interviewt.
Am Montag, dem 24. Januar 2022, wurde gegen die Abgeordnete Päivi Räsänen und den Bischof Dr. Juhana Pohjola ein Verfahren vor dem Amtsgericht Helsinki eingeleitet. Bei der mehr als achtstündigen Anhörung wurden die Anklagepunkte verlesen, die Staatsanwältin und die Verteidiger stellten den Fall aus ihrer Sicht vor, die Beweise wurden erörtert, und schließlich wurden die Angeklagten Räsänen und Pohjola angehört. Der Prozess wird am 14. Februar 2022 mit der Abgabe der Schlussaussagen fortgesetzt.
Frau Räsänen kam mit der Bibel in der Hand durch die Türe des Amtsgerichts. Ihr zufolge sei es die Bibel, die jetzt vor Gericht stehe. Staatsanwältin Anu Mantila bestritt dies und betonte in ihrer langen Einleitungsansprache, dass die Bibel und ihre Auslegung sowie theologische Fragen nicht im Gerichtssaal diskutiert würden. Verwirrend war aber, dass gerade die Staatsanwältin selbst immer wieder auf biblisch-theologische Fragen zurückgriff und die Angeklagten mit denen herausforderte.
– Wenn die Bibel auf gewisse Art und Weise interpretiert wird und die dementsprechenden Meinungen unter der Vorwand der Religionsfreiheit veröffentlicht werden, kann dies ein Verbrechen sein, betonte Mantila.
Räsänens Anwalt Matti Sankamo wies darauf hin, dass, wenn das Gericht über die Bibel, die Frau Räsänen direkt zitiert hatte, urteilt, werde der Richter zur Theologie und zur Interpretation der Bibel sehr wohl Stellung nehmen. Die Verteidigung von Frau Räsänen bestritt vehement, dass Homosexuelle unter dem Deckmantel der Bibel verachtet und beleidigt würden.
– Dies ist in Finnland das erste Strafverfahren, in dem den Angeklagten vorgeworfen wird, gegen eine Gruppe von Menschen aufgehetzt zu haben in einem Text, der ausdrücklich zur Achtung dieser Minderheit aufruft, erklärte Sankamo.
Bischof Juhana Pohjola und Mitglied des Parlaments Päivi Räsänen warten auf den Prozessbeginn vor dem Gerichtssaal.
Bischof Pohjola sagt, er sei vom Inhalt des Prozesses und von der Argumentation der Staatsanwaltschaft überrascht. Wenn die Argumente der Staatsanwältin vor Gericht akzeptiert würden, bedeute dies eine enorme Veränderung der Meinungs- und Religionsfreiheit.
– Laut der Staatsanwältin dürfe die Bibel zitiert werden, aber das dürfe man nicht als eigene Meinung geltend machen, wenn das Zitat diskriminierend sei. Darüber hinaus interpretiert sie die Rede von Sünde, Gebrochenheit und Unnatürlichkeit als abfällige und beleidigende Sprache. Schließlich lehnt die Staatsanwältin die Unterscheidung zwischen dem Wesen des Menschen und seiner Taten ab. Ihrer Meinung nach könne die Unterscheidung, danach ”Gott den Sünder liebt, aber die Sünde hasst”, die sie als fundamentalistisch-christlich abstempelt, nicht akzeptiert werden. Unsere Meinungs- und Religionsfreiheit steht bei diesen Forderungen auf dem Spiel, betont Pohjola.
– Das Wort der Bibel ist keine freischwebende Zitatensammlung, sondern es muss gemeinschaftlich und individuell bekannt und aus den Kanzeln und in Publikationen verkündet werden. Auch dessen aktuelle Auslegung gehört dazu. Die Rede von Sünde, Scham und Unnatürlichkeit mindert nicht den Wert des Menschen, sondern, im Gegenteil, unterstreicht seinen Wert als Verantwortlicher für die eigenen Handlungen sowie die zerbrochene Beziehung des Menschen zu Gott. In der Tat wäre es geistlich diskriminierend, einem Menschen die ganze Botschaft Gottes von der Sünde und der Gnade in Christus nicht zu verkünden. Außerdem muss zwischen dem Wert des Menschen und der Bewertung seines Handelns unterschieden werden. Es ist für uns unveräußerlich sagen zu dürfen, dass Gott den Sünder liebt, obwohl er die Sünde, die den Menschen zerstört, nicht gutheißt.
Das von Päivi Räsänen geschriebene Heftchen „Er schuf sie als Mann und als Frau“ (link to english translation of the pamflet), darum es unter anderen Punkten im Prozess geht, ist eben durch diesen Prozess sehr populär geworden. Die Ausgabe vom Jahr 2004 des Artikels ist längst vergriffen, aber die elektronische Version war zuerst auf der Website der Luther-Stiftung zum Herunterladen bereit und erschien später auf der Internetseite der Missionsdiözese.
Im Zusammenhang mit dem Prozess wurde das Heftchen auch als Artikel auf der Nachrichtenseite der Internetseite der Missionsdiözese veröffentlicht. Dadurch sollte der Text den Lesern, die ungern ganze Dateien herunterladen, leichter zugänglich gemacht. Sami Niemi, der Redakteur der Internetseite der Mission, ist von der Popularität des Artikels überrascht.
– Der Artikel ist wirklich vielfach heruntergeladen worden. Er wurde auf Finnisch mehr als 8.000 Mal und auf Englisch mehr als 2.400 Mal geöffnet. Als eine PDF-Datei wurde das Heftchen in der letzten Woche fast 2.000 Mal heruntergeladen. Der Prozess hat tatsächlich einen kleinen und relativ unbedeutenden Teil unseres kirchlichen Lehrmaterials mit Wucht in die Öffentlichkeit gebracht. Ich hoffe, dass zumindest einige der Leser auch unser weiteres Unterrichtsmaterial gefunden haben, wie etwa die rund 9.000 Predigten zum Anhören oder unsere Unterrichtswebseite luterilainen.net.
Der Prozess beschäftigt seit langem auch die ausländischen christlichen Medien. Die Strafverfolgung und das Gerichtsverfahren wurden von CNE News, CBN, Christian Today, Christianity Today und Evangelical Focus genau verfolgt. Die Sorge um die Einschränkung der Religions- und Meinungsfreiheit wurde auch von verschiedenen Kirchen und christlichen Organisationen mit den finnischen Christen geteilt.
Der Prozess hat den Fall auch in die Nachrichtenströme der großen Mainstream-Nachrichtensender BBC, Reuters, Euronews, The Independent, The Federalist und Daily Wire gebracht.
Der Internationale Lutherische Rat und viele seiner Mitgliedskirchen haben den Prozess zur Kenntnis genommen und ihre Gemeinden aufgefordert, sich im Gebet an die Situation zu erinnern.
– Wir sind dankbar für die Unterstützung unserer Schwesterkirchen und möchten auch allen Fürbittern in Finnland danken. Der Prozess dauert noch an. Daher bitten wir Christen in Finnland und auf der ganzen Welt, weiterhin für den Prozess zu beten, sagt Bischof Pohjola.
Der Prozess gegen Ärztin Päivi Räsänen, Mitglied des finnischen Parlaments und ehemalige Innenministerin, und den Bischof der Finnischen Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese, Dr. Juhana Pohjola, begann am 24. Januar 2022 am Amtsgericht Helsinki. Der Fall hat ein großes Interesse in in- und ausländischen Medien geweckt, was sich in der Zahl der anwesenden Medienvertretern widerspiegelte, als die Angeklagten eintrafen.
Die Bezirksstaatsanwältin Maija Päivinen verlas die Anklage wegen Volksverhetzung gegen Räsänen und Pohjola. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat Bischof Pohjola sich an diesem Verbrechen schuldig gemacht, indem er die Schrift von Päivi Räsänen „Er schuf sie als Mann und Weib – Homosexuelle Beziehungen fordern das christliche Menschenbild heraus“ öffentlich zugänglich gemacht hatte, weil laut der Staatsanwaltschaft in dieser Veröffentlichung die Homosexuellen als Gruppe wegen ihrer sexuellen Orientierung beleidigt würden. Bestimmte Äußerungen seien diskriminierend und überschritten die Grenzen der Meinungs- und Religionsfreiheit.
Die Bezirksstaatsanwältin Päivinen fordert in der Anklageschrift die Entfernung bestimmter Passagen aus der Veröffentlichung und eine Geldstrafe in mindestens 120 Tagessätzen für Räsänen und in 60 Tagessätzen für Pohjola. Darüber hinaus forderte die Staatsanwaltschaft vom Herausgeber der ernannten Schrift, der Finnischen Luther-Stiftung, als entscheidungsbefugter juristischen Person eine Geldstrafe von mindestens 10.000 Euro.
Bischof Pohjola bestreitet, das Verbrechen der Volksverhetzung begangen zu haben.
– Es ist aufregend, am ersten Prozess teilzunehmen, aber ich freue mich auch darauf, dass die Angelegenheit endlich juridisch behandelt wird. Wir werden nicht nur das Wort Gottes verteidigen können, sondern auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Und die wollen wir nicht dazu benutzen, um jemanden zu beleidigen oder unter Druck zu setzen, sondern um von Gott, der ist gut, und von seinem Willen erzählen.
Die Vorladung der Abgeordneten Päivi Räsänen enthält zusätzlich zwei Punkte wegen einer im Juni 2019 veröffentlichten Tweet-Nachricht und einer Debatte im Finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk YLE im Dezember 2019. In einer Pressemitteilung vom 20. Januar 2022 stellt sie fest:
– Gelassen warte ich auf die Behandlung. Ich berufe mich auf die Meinungs- und Religionsfreiheit, die in der finnischen Verfassung und in internationalen Verträgen verankert sind. Ich weiche nicht von meinem biblischen Glauben ab und bin bereit, die Meinungs- und Religionsfreiheit vor allen nötigen Gerichten zu verteidigen.
– Ich bestreite, an irgendeinem Fehlverhalten die Anklagepunkte betreffend schuldig worden zu sein. Meine Aussagen, die jetzt untersucht werden, beziehen sich auf die traditionelle Lehre der Bibel und der christlichen Kirchen über die Ehe, das Leben als Mann und Frau und insbesondere auf die Lehre des Apostels Paulus über homosexuelle Handlungen, die gegen den Willen Gottes stoßen. Die Lehren der Bibel entspringen nicht aus dem Zorn gegen irgendeine Gruppe von Menschen, sondern aus der Liebe zum Besten des Nächsten.
Laut dem Strafverteidiger von Bischof Pohjola, dem Rechtsanwalt Jyrki Anttinen, habe die Staatsanwalt in der Vorladung die Aussagen von Päivi Räsänen aus ihrem Zusammenhang entrissen. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft sei selektiv und keineswegs objektiv. Der Text sei nicht ausgelegt unter Berücksichtigung der Grundsätze der Meinungs- und Religionsfreiheit, die durch die Europäische Menschenrechtskonvention und die finnische Verfassung geschützt werden. Ideologische und wissenschaftliche Unterschiede seien kein vom finnischen Rechtssystem anerkannter Grund, die Meinungsfreiheit einzuschränken.
In Pohjolas vorläufiger Antwort heißt es, dass Frau Räsänens Schreiben in keiner Weise bedrohlich, diffamierend oder beleidigend sei. Es verzichtet auf jede abfällige Wortwahl. Es ist zwar erwähnenswert, dass die christliche Vorstellung von Mensch, Sünde und Ehe an sich jemanden beleidigen kann, aber das Schreiben selbst beabsichtigt nicht, die Würde eines Menschen in Frage zu stellen oder ihn zu erniedrigen.
Vom 8. bis 10. Oktober 2021 fand außerhalb von Madrid eine Kirchenversammlung der Spanischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (Iglesia Evangélica Luterana Española, IELE) statt. Wie die Finnische Missionsdiözese, ist IELE Mitglied des International Lutheran Council (ILC). Was das Zusammenkommen zu etwas Besonderem machte, war die Konsekration des ersten lutherischen Bischofs in der spanischen Geschichte. Die Amtseinführung von Pastor Jose Luis de Miguel (59) erfolgte durch Bischof Juhana Pohjola und seine Assistenten.
Während der Reformation im 16. Jahrhundert breitete sich die lutherische Lehre auch nach Spanien aus, aber als Folge der streng durchgeführten Gegenreformation mussten die lutherischen Christen aus dem Lande fliehen. Als Ergebnis der Missionsarbeit der lutherischen Kirche Missouri-Synode aus Argentinien und aus den Vereinigten Staaten her gibt es aber seit 2004 eine registrierte lutherische Kirche in Spanien, die derzeit vier Gemeinden und mehrere Missionsplätze in verschiedenen Teilen Spaniens hat.
In den Anfängen der IELE war auch ein Gemeindeglied der Jesaja-Gemeinde der Finnischen evangelisch-lutherischen Missionsdiözese in Jyväskylä, Pastor Marcos Berndt, aus Argentinien her in Spanien in der Arbeit mit dabei.
Professor Arthur A. Just (Fort Wayne, USA), der Spanien häufig als theologischer Lehrer besucht hat, predigte in der Konsekrationsmesse, erinnerte an die historische Bedeutung des Geschehens und unterwies den neuen Bischof in seinem Dienst am Evangelium.
Wir haben uns hier in der historischen Stadt El Escorial versammelt, um den ersten lutherischen Bischof in Spanien zu konsekrieren – in einer Stadt, die während des Königs Philipp II ein Zentrum der Gegenreformation war.
Der Bischof ist dazu berufen, ein Hüter von Leib und Seele zu sein. Der als Mensch geborene Christus kam, um das, was durch die Sünde zerbrochen war, neu zu machen. Indem wir die Menschen zur Buße mahnen und sie zur Teilhabe an der Vergebung der Sünden durch die Verkündigung des Wortes und am Abendmahl einladen, zeigen wir ihnen Barmherzigkeit. Inmitten unserer Krankheit und Bedrängnis empfangen wir geistlich und körperlich den Erretter. Daher ist der Bischof ein Hüter von Leib und Seele.
Am Ende der Synode vollzog Bischof Jose Luis de Miguel seine erste Pfarrweihe, als er Antonio Suarez zum Hirtenamt in der Region Cartagena ordinierte. Und in derselben Messe taufte der frisch ordinierte Pastor ein kleines Mädchen.
In seinem Grußwort ermutigte der Bischof der Missionsdiözese, Juhana Pohjola, die Vertreter der Kirche mit der Verheißung des Wortes der Bibel, dass die Fülle der Kirche auch in den kleinen Gemeinden durch die Gaben Christi da ist.
Finnische evangelisch-lutherische Missionsdiözese
Bischof Dr. Juhana Pohjola
Er hatte lange isoliert gelebt. Er hatte nur wenige Menschen getroffen. Er hatte sich daran gewöhnt, Fernkontakte zu pflegen.
So schreibt er: ”Gott ist mein Zeuge, wie mich nach euch allen verlangt von Herzensgrund in Christus Jesus.” (Phil. 1, 8)
Kennst du das, worüber der Apostel hier schreibt? Der hl. Paulus wurde in Rom in der Gefangenschaft gehalten und schrieb an die Gemeinde in Philipp. Nicht nur die fehlende Bewegungsfreiheit, sondern auch die soziale Isolation fiel ihm im Gefängnis schwer. Viel Zeit verbrachte er alleine. Er verlangte nach bekannten Gesichtern der Gemeindeglieder. Er wollte ihre Stimmen hören und seine segnenden Hände auf sie legen.
Und wie habe ich nach unserem gemeinsamen Fest gesehnt! Wie freue ich mich, nicht nur leere Bänke, ein Kameraobjektiv oder einen Computerbildschirm, sondern eure Gesichter vor mir zu sehen! Die Corona-Zeiten haben uns konkret daran erinnert, dass es im Christentum nicht nur um Gedanken, um Ideen oder um im Gehirn verborgene geistliche Gleichungen geht.
Was ist aber dann der Kern des Philipperbriefes? ”Er … entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich.”? (Phil. 2)
Der Apostel, der in der Einsamkeit lebte, bekannte, dass Gottes Sohn Mensch geworden war. Obwohl unser Herr gegenüber seinem Geschöpf steht, besteht kein Fernkontakt zwischen ihm und uns. Er ist lebendig anwesend da, wo wir sind.
Wenn also der Sohn Gottes Mensch wurde, hätten nicht auch wir die Erlaubnis, Menschen zu sein, die sehen, hören und fühlen – Menschen, die danach sehnen, die Familie und das Freundeskreis zu sehen und mitten in der Gemeindefamilie und unter Geschwistern im Glauben zu leben!
Die kirchliche Kontinuität als Teilhabe am Evangelium
Was alles hat dem hl. Paulus in seiner Gefangenschaft in Rom Sorgen gebracht? Er hat nicht nur nach der erlebten Glaubensgemeinschaft gesehnt, sondern es ging ihm um das Wohl der Kirche: Der alte Paulus blickt schon auf seinen Tod und trägt nur eines in seinem Herzen und in seinen Gebeten vor Gott: die Fortsetzung des Lebens der Kirche.
Darum schreibt er an die Philipper wie an uns heute: ”Ich danke meinem Gott, sooft ich euer gedenke … für eure Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tage an bis heute; und ich bin darin guter Zuversicht, dass der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.” (Phil. 1)
Hörtest du: Vom ersten Tag bis an den Tag Christi, d.h. an den Tag seines Wiederkommens! Dies bedeutet das lange Kontinuum der Kirche!
Wovon reden aber wir, wenn wir sagen: um der Fortsetzung des Lebens der Kirche willen? – Wir reden vom Kontinuum des Evangeliums. Das ist das Kontinuum der Kirche! Ihr seid des Evangeliums teilhaftig. Dies ist das Größte im Leben und das Wichtigste im Tod!
Während unseres Familienurlaubes im schönen Spanien besuchten wir ein Dorf, das zum schönsten von allen schönen spanischen Dörfern gewählt worden war. Weiße niedrige Häuser auf dem grünen und sonnigen Berghang, Pittoreske Gässchen, verlockende Cafés, interessante Boutiquen und eine lockere mediterrane Stimmung – dies alles wurde uns angeboten. Ich habe aber anders gewählt. Ich hatte eine schlechte Nacht hinter mir. Ich war müde und erschöpft. Daher beschloss ich, im Auto zu bleiben und dort zu schlafen.
Im dunklen Parkhaus war ich schon dabei, einzuschlafen, als in der selben Parkreihe in einem Auto die Alarmanlage Alarm schlug.
Als ich diesem infernalischen Geheul zuhörte und auf die graue Betonwand in der Dunkelheit schaute, dachte ich mir: ”Soll dies der ersehnte Traumurlaub sein, dafür lange gespart wurde?”
Auch die besten Sachen dieser Welt können einen nicht befriedigen, wenn das Innere unruhig und vom Nebel umhüllt ist. Sogar die wunderbarsten Dinge können unser Verlangen nicht sättigen, wenn es im eigenen Herz dunkel und eng ist.
Das Evangelium ist aber keine Wohlfühlnachricht und keine Selbstanerkennungsbotschaft. Beim Evangelium geht es um die brennende Liebe Christi und um seine sich selbst gebende Liebe zu dir. Wie Paulus es verkündigte, ”er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.” (Phil. 2, 8) Sein Gehorsam unterbindet die zerstörerischen Kräfte der Finsternis. Sein Kreuz bringt Leben dahin, wo man glaubt, der Tod hätte das letzte Wort. Seines Blutes Gnade erreicht auch einen Menschen, der sich selbst aufgegeben hat und wo keine Hoffnung mehr besteht.
Statt eines Generationentraumes haben wir die Ewigkeitshoffnung! Christus wird auch uns aus dem Staub in seine Herrlichkeit aufheben. Dies ist der Kern des Evangeliums.
Der Hl. Paulus erinnert die Philipper daran, dass sie Gemeinschaft am Evangelium vom ersten Tage an hatten. Bei einer Gruppenreise der Missionsdiözese haben wir die Ruinen von Philipp besucht. Es war eindrucksvoll, auf der Stelle zu stehen, wo die erste christliche Gemeinde in Europa entstand. Ich habe meine Hand ins Wasser des Baches gesteckt, in dem Lydia einst getauft wurde.
Ja – der erste Tag der Teilhabe am Evangelium fängt immer mit dem Wasser der heiligen Taufe an! Der hl. Paulus erwähnt aber auch einen anderen Tag, der dem Christen wichtig ist: ”Er wird’s auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.”
Wir sind unterwegs zum letzten Tag, zum Tag Christi. Vor unseren Augen ist der große Tag der Rechenschaft. Um Bereit zu sein, unserem Herrn zu begegnen, haben wir neben dem Tag unserer Taufe und dem letzten Tag aber noch einen wichtigen Tag.
Was ist dieser Tag? Der hl. Paulus erzählt es dir: ”Bis heute.”
Hörst du: der dritte wichtige Tag in deinem Leben ist dieser Tag, den wir jetzt leben, weil heute der Tag des Heils ist! Vom morgigen Tag wissen wir nichts, aber heute ist die willkommene Zeit! Heute sagt der Herr Christus zu dir: ”Du bist mein und ich bin dein!”
Dies ist das Kontinuum der Kirche. Die Kirche lehrt und verkündigt dasselbe Evangelium von der Gnade in Christus, das Lydia in Philipp und die Gefängnisaufseher in Rom hörten. Die Kirche hat ihre Kontinuität in den Gnadenmitteln, die im Gottesdienst der Gemeinde, in der heiligen Messe, ordentlich verwaltet werden.
Es wird heute mit derselben Taufe getauft, mit welcher die Familie des Gefängnisaufsehers in Philipp mitsamt den kleinsten Kindern getauft wurde, und aus unserer Taufe folgt dasselbe neue Leben, zu dessen Gemeinschaft sie damals angenommen wurden. Es wird aus demselben Kelch des Heils in Philipp und in Loimaa getrunken.
Die Kontinuität der Kirche besteht auch in der Kontinuität des gläubigen Volkes und des Amtes des Evangeliums. Der hl. Paulus schreibt: ”Allen Heiligen in Christo Jesu zu Philippi samt den Bischöfen und Dienern.” (Phil. 1, 1)
Also wozu ist die Missionsdiözese da? – Um dieser Kontinuität der Kirche willen, damit wir in unseren Gemeinden die Teilhabe – auf Griechisch ”koinonia” – am Christi Evangelium hätten! Wegen dieser Kontinuität beten wir, dass wir auch unsere Kinder in dieser Teilhabe groß ziehen dürfen. Wegen der Kontinuität Kirche wollen wir, wie der hl. Paulus sagt, am Wort des Lebens festhalten und es weiter anbieten, um immer neue Menschen zu dieser Teilhabe am Evangelium einzuladen.
Es ist eindrucksvoll in unseren Gemeinden immer wieder einem Menschen mal hier, mal dort zu begegnen, den Gott neulich angehalten und zu sich gezogen hat. Wir sollen, liebe Freunde, sehen, dass der Herr noch viel Ernte auf den Feldern unseres Vaterlandes hat!
An dieser Stelle will ich drei aktuelle Themen, denen wir als Kirche begegnen, hervorheben:
Erstens fragen wir, ob wir denken, alleine in Finnland die Kontinuität der Kirche Christi gewährzuleisten. Darauf fällt es mir leicht zu antworten: keineswegs.
Das wahre Evangelium wird – Gott sei Dank – auch in anderen Gemeinden gepredigt, und nicht nur bei uns werden die Taufe, das Abendmahl und die Beichte durch das Hirtenamt verwaltet. Andererseits aber sind unsere Gemeinden und unsere Kirche just in der Situation entstanden, da es nicht mehr möglich war, innerhalb der Finnischen Evangelisch-lutherischen Kirche mit gutem Gewissen und ohne Beschränkungen die Kontinuität der Kirche in unserem Gemeindealltag umzusetzen. Die Kirche unserer Väter und Mütter steht nicht mehr auf dem Grund ihrer eigener Bekenntnis und hat diejenigen, die dies versucht haben, so gut wie aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen.
Doch obwohl die Missionsdiözese uns lieb und teuer ist und obwohl die Traditionen, die bei uns schon entstehen, immer wichtiger für uns werden, geht es uns dennoch immer um die Kontinuität der Kirche Christi in Finnland. Unsere größte und wichtigste Frage ist, wie und wo der apostolische Glaube und das von ihm bestimmte Gemeindeleben nach wie vor in Finnland zu finden sind.
Und ich weiß, dass dies nicht nur unsere Frage ist, sondern sie wird auch in vielen Häusern und in vielen christlichen Bewegungen gestellt, die mindestens bis heute Lebensraum in der Finnischen Ev.-luth. Kirche gefunden haben oder die Lage schon von außen her betrachten. Ein jeder muss aber seine Entscheidung in aller Ruhe und in großer Freiheit treffen. Zugleich muss man verstehen, dass die historisch bedingten Ressourcen und Privilegien immer auch etwas kosten und dass sie auch nicht für die Kontinuität der Kirche notwendig und manchmal ihr sogar schädlich sind.
Auch muss man sehen, dass auch die besten Aktivitäten, geistlich ernährenden und begeisternden Veranstaltungen kein Ersatz für eine christliche Gemeinde sein können. Auf den Ruinen der Volkskirche hat mich der Gedanke verwundert, dass es gar nicht nötig sei, zu irgendeiner Gemeinde zu gehören. Es reiche, wenn man die Veranstaltungen der geistlichen Bewegungen besuche!
So zu denken und zu handeln ist nicht biblisch und daher auch nicht lutherisch. Ein jeder Christ sollte den Gottesdienst als Lebensquelle, die Gemeinde auf der Basis der heiligen Taufe als Zuhause, den eigenen Hirten als Stütze und die Kirchengliedschaft aufgrund derselben Lehre haben. Die Kontinuität der Kirche und ihre Gliedschaft können nicht unsichtbar sein, sondern sie bestehen aus konkretem Gemeindeleben in der Teilhabe an den Gnadenmitteln.
Vielleicht kann daher schon unser Dasein als Kirche ermutigend sein: Auch ohne Vorteile der Zugehörigkeit zur ”großen Kirche” können die Gemeinden sehr wohl leben und ihre Arbeit gut gedeihen. Außerdem will ich sagen, dass wir – wenn man mit uns reden will – immer bereit sind, die Gemeinschaft mit denen anzustreben, die aufgrund des Wortes Gottes die Kirche Christi bauen wollen.
Ebenso wollen wir gute Beziehungen auch mit den Christen haben, die unser Bekenntnis mit uns nicht teilen. Wir wollen zusammen ein gemeinsames Zeugnis z.B. in Fragen der Religionsfreiheit und der Unantastbarkeit des Lebens geben. Denn der Druck gegen die Christen steigt, was hoffentlich zur wachsenden Zusammenarbeit unter Christen bei den Angelegenheiten führt, in denen wir einig sind.
Als den zweiten Punkt hebe ich hier die Position der Missionsdiözese in unserem rasch wandelnden Vaterland. Lange ging es um den Kirchenkampf, der innerhalb der Finnischen Evangelis-lutherischen Kirche begangen wurde. Es wurde gefragt, ob es möglich war, den lutherischen Glauben bekennend und mit der apostolischen Amtsauffassung innerhalb der Kirche zu leben und zu arbeiten. Und als es sowohl grundsätzlich als auch praktisch unmöglich wurde, fand die Kirche unserer Väter und Mütter ihre Kontinuität in der Missionsdiözese.
Jetzt ist die Frage aber schon, ob es im Staat Finnland überhaupt mehr erlaubt ist, die biblische Anthropologie und die christliche Ehe- und Sexualmoral zu lehren, ohne Furcht, dafür bestraft zu werden.
Im Sommer vor zwei Jahren sprach ich mit unserem Bischof Risto Soramies, und wir waren zusammen darüber besorgt, dass sie wegen der Veröffentlichung ihrer Tweet-Nachricht mit einem Bibelzitat in Bezug auf die „Pride-Parade“ und auf die Teilnahme der Finnischen evangelisch-lutherischen Kirche daran allein unter Druck geriet. Ratlos dachten wir nach, wie wir ihr in dieser Sache hätten unterstützen können.
Wir wussten aber nicht, was der Herr schon für uns geplant hatte. Denn gleichzeitig und ohne, dass ich davon gewusst hätte, wurde das von Päivi Räsänen geschriebene Traktat ”Er schuf sie als Mann und Weib” vom Jahr 2004 polizeilich von der Kriminalpolizei untersucht. Die Generalstaatsanwältin hatte den Fall gegen die Entscheidung der Polizeibehörde zuerst zu einer Voruntersuchung und letztlich zum Landgericht gebracht. In meinen ersten Monaten als Bischof im Herbst 2021 muss ich als Chefredakteur eine Anklage wegen Volksverhetzung im Landgericht Helsinki hören.
Es ist aber erstaunlich gewesen, dass wir nicht nur von Christen über Konfessionsgrenzen, sondern auch von vielen Nichtchristen Unterstützung erhalten haben und ermutigt worden sind. Ebenfalls ermutigend ist es gewesen, dass der Fall überall in der Welt wahrgenommen wurde. So beten für uns Kirchenleiter von mehr als vierzig Kirchen und von fünf Kontinenten und appellieren an die finnischen Behörden in der just erschienenen Aufforderung des Internationalen Lutherischen Rates (ILC) .
Der hl. Paulus, der im Gefängnis saß und letztendlich exekutiert wurde, schreibt an die ebenfalls in Verfolgungen erprobten Gemeindeglieder in Philipp: ”Euch ist es gegeben um Christi willen, nicht allein an ihn zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu leiden, habt ihr doch denselben Kampf, den ihr an mir gesehen habt.” (Phil. 1:29-30)
Hörst du, was er da sagt – dass es nicht um Missgeschick oder gar um eine himmlische Züchtigung geht, wenn man wegen des Wortes Gottes Gegenwind erleben muss. ”Euch ist es gegeben!” Es wurde euch geschenkt, wie die alte finnische Bibelübersetzung es ausspricht. Denn nicht nur der Glaube an Christus, sondern auch der Kampf und das Leiden gehören zum Kontinuum der Kirche. Darum ist nach unserem Lehrmeister Martin Luther das ”Tragen des heiligen Kreuzes” das siebte Kennzeichen der Kirche.
Trotzdem stehe ich hier vor ihnen nicht, um ”Opferkapital” zu versammeln. Mir geht es gut. Auch wenn ich verurteilt werden würde, schaffen wir es schon.
Viel größer ist meine Sorge darüber, ob viele, die vor Gott wegen dieser Probleme zu kämpfen haben, denken würden, das sie keinen Platz in unseren Gemeinden hätten. Auch das bringt mir Sorgen, dass diejenigen, die anders über diese Frage denken als wir, glauben, dass wir Christen voll von Hass seien und nicht alle Menschen für gleichwertig hielten. Aber noch besorgniserregender ist es, wenn Angst und Selbstzensur die Herzen auch der Christen erfüllen und dass unser Vaterland ideologisch immer engstirniger wird.
Am 26. April 1986 gab es eine Explosion im Kernkraftwerk von Tschernobyl. Die radioaktiven Niederschläge erreichten auch Finnland. Ich war damals ein Teenager und erinnere mich an dieses finstere Ereignis aus der Sowjetzeit.
Im vergangenen Frühjahr wurde an dieses Unglück vor 35 Jahren erinnert, wie man anfangs versuchte, die Explosion, ihre Gründe und Schwere, geheim zu halten. Aber die Geigerzähler waren unbestechlich. Das Geheimnis wurde Stück für Stück gelüftet.
Ich habe mir eine Dramaserie über Tschernobyl angeschaut. Danach soll ein russischer, wegen Bestrahlung getöteter Kernphysiker, gesagt haben: ”Jede Lüge, die wir erzählen, vermehrt die Last, die wir der Wahrheit schulden. Früher oder später muss diese Schuld beglichen werden.”
Nur gab es in den westlichen Ländern aber keine einmalige Explosion, sondern vielmehr ein vom Jahrzehnte langen Kulturbruch verursachtes Leck, das überall in der Gesellschaft ihre giftige Strahlung verbreitet: in der Medienlandschaft, in den Betrieben, in Schulen und in Universitäten, in den staatlichen Behörden, im Sportwesen und in den Kirchen. Da geht es um das Wert des ungeborenen Lebens, um das Recht der Kinder an Vater und Mutter, um die gegebene biologische Beschaffenheit des Menschen als Mann und Frau, um die von Gott eingesetzte Ehe und um die Familie als Grundpfeiler der Gesellschaft.
Jetzt wird es uns auf einmal klar, was diese Bestrahlung bewirkt. Wo immer man das christliche Menschenbild oder die christliche Auffassung von der Ehe öffentlich vertritt, fängt sofort das alarmierende Empörungspiepsen an. Die Gesichter der verärgerten Menschen leuchten in allen Farben des Regenbogens, obwohl die hehre Absicht ist, die eigene Aufgeschlossenheit durch das Niederdrücken der sog. Intoleranten zu demonstrieren.
Wir sehen, wie die guten Gaben und Ordnungen Gottes durch unsere radikal individualistische und hedonistische Kultur beiseitegeschoben werden. Sicherlich steckt dahinten auch, der These von Francis Fukuyama gemäß, der Wunsch der in vielerlei Hinsicht Diskriminierten, gesehen, in der Gesellschaft geschätzt und akzeptiert zu werden. Dennoch, wenn dies zu einem Aufstand gegen die in der Ehe sichtbar werdende Schöpfungsordnung, gegen biologische Fakten und gegen das natürliche Gesetzt führt, geht es nicht nur um eine antichristliche, sondern auch um eine anti-menschliche Bewegung.
Als deren Folge haben wir Jugendliche, die nach dem Vater oder nach der Mutter sehnen, in Identitätsgruppen geteilte Gesellschaften, die sich im Abbau befinden, und zerschnittene Lebensläufe auf Kosten der das eigene Geschlecht „korrigierenden“ Jugend. Mithilfe schwammiger und ideologisch aufgeladener Begriffe, wie „Diskriminierung“, „Hassrede“ oder „Gleichberechtigung“, werden die Grundrechte Rede- und Religionsfreiheit in Frage gestellt.
In der Tat könnte der Satz ”jede Lüge, die wir erzählen, vermehrt die Last, die wir der Wahrheit schulden; früher oder später muss diese Schuld beglichen werden” die Überschrift unserer Zeit sein. Wie hoch wird wohl die Schuld sein, die die nächsten Generationen zurückzubezahlen haben?
Mitten in all dem sind die Religions- und Redefreiheit aktueller denn je. Fast erschrocken las ich das Blog des ehemaligen Chefredakteurs der als moderat bekannten Zeitschrift „Suomen Kuvalehti“:
„Die Generalstaatsanwältin zeigt, wie man die Rede- und Religionsfreiheit niederreißt. So geht es, in kleinen Schritten, ganz wie beim Trollen oder im Hybridkrieg. Gutgemeint werden – z.B. zum Schutz der Minderheiten und gegen die Hassrede – unterschiedliche Lösungen unterbreitet, aber dadurch auch Platz für die Gedankenpolizei gemacht, die letztlich anfängt, Reden und Schriften zu zensieren. Zuerst werden Geldstrafen geteilt, dann folgen Gefängnisstrafen und letztlich werden Steine wie in den biblischen Zeiten fliegen. Diese Machtausübung muss bekämpft werden, ehe sie salonfähig wird.“ (Seurakuntalainen 4.5.2021)
In der früher erwähnten Tschernobyl-Drama wird in einer schockierenden Szene gezeigt, wie die Feuerwehrleute ohne jeden Schutz den brennenden Atommeiler zu löschen gehen. Mit einem Helm am Kopf und mit einem Wasserschlauch in der Hand nähern sie dem strahlenden Reaktor.
Zuerst müssen wir als Christen fragen, ob wir darauf vorbereitet sind, zu welcher kulturellen Reaktion wir als Feuerwehr zugeschickt worden sind. Doch letztlich geht es darum, dass derjenige, der die von Gott geschaffenen Bestimmungen mit seinen Füssen tritt, geht selber und zwar oder jeden Helm zum brennenden Feuer der Heiligkeit Gottes, und sie ist vielfach brennender als alle Kernreaktionen.
Daher sollen wir von derselben Liebe umfangen sein, die den hl. Paulus mit seinem eigenen Herzblut an die Philipper schreibt: „Viele leben so, dass ich euch oft von ihnen gesagt habe, nun aber sage ich’s auch unter Tränen: sie sind die Feinde des Kreuzes Christi. … Ihre Ehre ist in ihrer Schande.“ (Phil. 3, 18-19)
Auch wenn es uns nicht möglich wäre, das gesellschaftliche Klima zu ändern, können wir dennoch uns davor hüten, mit der Lüge mitzumachen. Unsere Berufung ist es, Wahrheit in der Liebe ruhig reden, Menschen zur Teilnahme an der Gnade Christi bringen, für alle beten und geduldig und ohne Bitterkeit dem uns leisteten Widerstand begegnen.
Mitten in all dem habe ich denselben Wunsch und dasselbe Gebetsanliegen, darüber der hl. Paulus im Gefängnis schrieb: „Wie es um mich steht, das ist nur mehr zur Förderung des Evangeliums geraten.“ (Phil. 1, 12) Herr, wirke, dass alles der Ehre deines Namens dient!
Und der hl. Paulus setzt fort: „Die meisten Brüder in dem Herrn haben durch meine Gefangenschaft Zuversicht gewonnen und sind um so kühner geworden, das Wort u reden ohne Scheu.“ Herr, erneuere die Freude, die Liebe und den Mut deiner Diener!
Zum Dritten: Wir haben als Kirche die Corona-Zeiten durchgewandert. Wir wurden von der Epidemie überrascht. Unsere Leitschnur in der zu diesem Zweck gegründeten Bereitschaftsgruppe und in den Gemeinden ist es gewesen, verantwortungsvoll, den Behördenanweisungen folgend und unter Rücksicht auf unsere Mitmenschen, aber immer auch die Rechte der Gemeinde mit im Blick zu handeln.
Es ist klar, dass die Arbeit in den Gemeinden darunter auf vielfache Weise gelitten hat. Viele sind die, die uns aus der Sicht verschwunden sind. Die Art und Weise der Kommunion hat Fragen und Reibungen in den Gemeinden entstehen lassen.
Hoffentlich haben wir aus unseren Fehlern lernen und neue produktive Methoden im Dienst des Evangeliums entwickeln können. Kaum hätten wir hier das Zelt von „Studio Krypta“ oder ein Streaming-Team ohne Corona. Nach dem anfänglichen Schock haben wir Messen in unseren Gemeinden ununterbrochen in den Rahmen der behördlichen Begrenzungen gefeiert.
Als die Regierung dabei war, die Shoppingcenter und die Alkoholgeschäfte offen zu halten, aber das im Grundgesetz gewährte Recht zur Religionsausübung zu begrenzen, haben wir eine Erklärung für die Freiheit der Religionsausübung veröffentlicht. Ohne damit zu prahlen, frage ich, ob man es in irgendeiner anderen Kirche oder religiösen Gemeinschaft es geschafft hat, den Gemeindegliedern die Teilnahme am Evangelium Sonntag nach Sonntag anzubieten, es sei denn, es waren zehn kurze Messen für fünf Gläubige auf einmal!
So wurde um die Kontinuität der Kirche auch in Ausnahmezeiten gekümmert! Daher einen Riesendank an alle, die dafür die Verantwortung getragen haben – an die Küster, an die Kantoren, an die Streamer und an die Gemeindeglieder, und natürlich an die Hirten, die sich eingesetzt haben.
Auch unsere finanzielle Lage ist akzeptabel. Dies zeigt, wie engagiert unsere Gemeindeglieder in Bezug auf die Kontinuität der Gemeindearbeit sind. Sicherlich muss im kommenden Herbst vieles wieder aufgerichtet und neu versammelt werden. Wunderbar ist es aber gewesen, dass trotz Corona Türe für neue Gemeindeglieder, für Ordinationen neuer Hirten und sogar für die Gründung neuer Gemeinden geöffnet worden sind.
Trotz all dieser guten göttlichen Vorsorge und der verantwortungsvollen und fleißigen Arbeit der Gemeinde sagt der hl. Paulus uns dasselbe, was er an die Gemeinde in Philipp schrieb: „Wandelt nur würdig des Evangeliums Christi, damit … ihr in einem Geist steht und einmütig …“ (Phil. 1, 22)
Was bedeutet dies – des Evangeliums würdig und einmütig in einem Geist zu wandeln? Bestimmt wird damit gemeint unser neues Leben den Geboten Gottes gemäß, dazu unsere Taufe uns verpflichtet. Bestimmt enthält es – nach Dietrich Bonhoeffer und daran uns der im letzten Sommer aus diesem zum ewigen Leben berufene Pastor Dr. Anssi Simojoki oft erinnerte – auch die Fähigkeit, zwischen den ersten und den zweitletzten Dingen unterscheiden zu können.
„Die letzten“ sind diejenigen Dinge, die – aufgrund der göttlichen Offenbarung – der Glaubenskontinuität der Kirche bis in die Ewigkeit hin in der Teilhabe am Evangelium dienen. Die vorletzten Dinge begrenzen sich auf diese Zeit und auf die weltliche Gesellschaft und sind uns zum vernünftigen Urteil überlassen. Deshalb lasst uns darauf achten, dass wir im Glauben, d.h. in den letzten Dingen, einig sind, und in den zweitletzten Fragen für unterschiedliche Ansichten und Lösungen Freiraum geben.
Die Krisen verursachen eine Krisenstimmung, darauf jeder auf seine Weise reagiert. Daher kommt es vor, dass einige von uns während der Corona-Zeit sich isolieren und andere wiederum sich freier bewegen. Es ergeben sich auch begründet unterschiedliche Schlussfolgerungen bei unserer Erörterung vieler Fragen.
Man muss in Erinnerung halten, dass die Kontinuität der Kirche unter uns nicht nur vom äußerlichen Druck bedroht wird, sondern diesen Druck verursacht auch unser Fleisch. Deshalb lasst uns in den letzten Dingen einig sein und in der Liebe, im gegenseitigen Respekt und in der Geduld Platz für unterschiedliche Auffassungen in den vorletzten Fragen geben!
Als letztes will ich etwas zur neuen Phase unserer Kirche sagen. Sie beginnt nach der morgigen Bischofskonsekration.
Ich will euch für das mir geschenkte Vertrauen und für die Fürbitten danken. Per E-Mail wurde ich zutreffend angesprochen: „Die Kirche ist schon fast 2000 ohne dich als Bischof klargekommen und wird es bestimmt auch bis zur Wiederkehr unseres Herrn tun.“
Dennoch ist es mein Privileg, die Arbeit meiner Vorgänger fortzusetzen. Während der Zeit in den Jahren 2011-2013 von Matti Väisänen als Bischof der Missionsprovinz von Schweden und Finnland entwickelte sich die Luther-Stiftung schon zum Teil einer neuen kirchlichen Struktur. In der Amtsführung von Bischof Matti verkörperte sich das schnelle Wachstum unseres Gemeindenetzwerkes und das Ordinieren neuer Hirten zu dessen Dienst.
Im Jahr 2013 wurde Bischof Risto Soramies zum ersten Bischof unserer Kirche, die im selben Jahr mit dem Namen „Missionsdiözese“ gegründet wurde, und zum verlässlichen Stützen für unsere jungen Hirten konsekriert. Er hat uns geführt zu einer Kirche, die auf eigenen Füssen steht, und diese Kirche zum Teil einer internationalen lutherischen Gemeindefamilie, wovon unsere ausländischen Gäste hier mit ihrer Anwesenheit ein Zeugnis ablegen.
Bischof Risto legt seinen Hirtenstab in einer Situation ab, wo unsere Gemeinden und ihre Priesterschaft trotz ihrer unterschiedlicher Züge in der Einigkeit des Glaubens, in der Teilnahme am Evangelium und im Kontinuum der Kirche weitergehen. In dieser Sukzession des Bischofsamtes ist es sicher sich auf die Reise zu begeben.
Unsere Kirche ist nach der altkirchlichen und unserer lutherischen Tradition gemäß episkopal organisiert, was auch unser Name „Missionsdiözese“ in Erscheinung bringt. Morgen wir die Bischofsmitra auf mein Haupt gelegt.
Dennoch will ich euch auch ein anderes Bild von unserer Kirche geben als die Mitra, die auch als Symbol der Flamme des Heiligen Geistes gesehen worden ist, oder eben das, was sich unter ihr befindet: Wenn wir jetzt aus der Luft photographiert würden, wäre dieses Zelt nicht wie eine große Mitra, die auf die zum Fest gesammelte Gemeinde abgestiegen ist?
Ich weiß nicht, ob unsere Freunde in der Pfingstkirche dieses liturgischen Verständnis von ihrem Zelt als eine Mitra unterschreiben würden. Wie haben ein Zelt gekriegt, und wir geben eine Mitra zurück!
Aber hier sind die Gemeinden der Missionsdiözese vertreten. Und welche Gaben des Heiligen Geistes finden wir unterhalb dieser großen „Mitra“! Unter dieser größeren Mitra bekomme ich meine eigene kleine Mitra, und das ermutigt mich sehr, mich, einen schwachen Bruder.
Ich will in meinem Amt den Gemeindepastoren unterstützen, die ehrwürdig sich um euch kümmern, und euch alle ermuntern, eure Geistesgaben zu benutzen. Wir haben die gewaltige und herrliche Berufung, zusammen in der Sukzession der Kirche weiterzuwandern und Menschen zur Teilhabe am Evangelium zu bringen!
Lasst uns die Schlussworte des alten Paulus an die Gemeinde in Philipp mit uns nehmen, wenn wir unserer Berufung folgen:
„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Eure Güte laßt kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen laßt eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.“ (Phil. 4, 4-7)
Am 14. November 2020 fand die Jahresversammlung der Finnischen Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese im Koinonia-Zentrum in Helsinki statt. Die Diözesanversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium der Missionsdiözese. Aufgrund der Corona-Epidemie nahmen Vertreter von 38 Gemeinden und ihre Pastoren über eine Online-Verbindung aus der Ferne an dem Treffen teil.
Auf der Tagesordnung stand neben dem Statutengemäßen die Anerkennung der Kirchengemeinschaft mit der Lutheran Church – Missouri Synod (LCMS). Die Missouri-Synode ist eine konfessionelle lutherische Kirche in den Vereinigten Staaten mit etwa zwei Millionen Mitgliedern.
Die Diözesanversammlung stimmte einstimmig der Anerkennung der Kirchengemeinschaft zu.
In seinem Brief an die Diözesanversammlung freute sich Matthew Harrison, Präsident der Missouri-Synode, dass er autorisiert worden sei, eine Altar- und Kanzelgemeinschaft mit der Missionsdiözese zu errichten.
– Die Missionsdiözese hat uns mit ihrem klaren Bekenntnis zur Bibel und zum lutherischen Bekenntnis auch gegen Widerstände Mut gemacht. Mit Freude und Dankbarkeit reiche ich meine Hand im Namen der Missouri-Synode als Zeichen unserer Verbundenheit.
– Unser gemeinsames Bekenntnis zu der einen und einzigen Wahrheit, Jesus Christus, bildet die Grundlage für eine gute Zusammenarbeit, schrieb Präsident Harrison in seiner Begrüßung.
Risto Soramies, Bischof der Missionsdiözese, der die Diskussionen mit der LCMS über die Kirchengemeinschaft geleitet hatte, erklärte den Versammlungsteilnehmern, dass die Kirchengemeinschaft nicht bedeute, die eigene Unabhängigkeit und spirituelle Tradition aufzugeben, sondern eine Altar- und Kanzelgemeinschaft, die auf dem gemeinsamen Glauben basiert.
– Jetzt können unsere Gemeindeglieder gegenseitig an der Kommunion teilnehmen und unsere Pastoren gegenseitig bei der Messe predigen. Sicherlich vertieft sich auch die Zusammenarbeit in der theologischen Ausbildung und auf den Missionsfeldern – schließlich ist die Missouri-Synode weltweit ein gewichtiger Akteur. Es ist für uns ermutigend zu sehen, wie die Missionsdiözese als Kirche anerkannt und unsere Arbeit wertgeschätzt wird, betonte Bischof Soramies die Bedeutung der Entscheidung.
Die Kirchensynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche von England hat vom 27. August bis 28. September 2019 in Südlondon getagt. Eines der Themen war der Aufbau der Kirchengemeinschaft mit der finnischen Evangelisch-Lutherischen Missionsdiözese Finnlands. Durch das Hochheben eines roten Zettels stimmten die Gemeindevertreter und die Pfarrer einstimmig einer Altar- und Kanzelgemeinschaft mit der Missionsdiözese zu.
Der Entscheidung sind gemeinsame theologische Gespräche vorausgegangen, die 2016 begonnen haben. Diese Gespräche haben einen gemeinsamen und gleichen biblisch-konfessionellen Glauben offenkundig gemacht.
– Dies ist ein lang vorbereiteter und erwarteter Beschluss, der sicherlich ein Segen für beide Kirchen sein wird. Obwohl wir beide klein sind, teilen wir die gleiche Freude und den gleichen Mut, Christus Jesus in unserer säkularisierten Gesellschaft zu verkünden, kommentierte Bischof Risto Soramies die Entscheidung.
Die Missionsdiözese pflegt seit vielen Jahren Kontakte zur Evangelisch-Lutherischen Kirche von England. Viele Gemeindeglieder waren während ihres Besuchs in England zu Gast bei ELCE-Gemeinden. Beide Kirchen gehören zum International Lutheran Council (ILC).
Auch das Theologische Seminar der Evangelisch-Lutherischen Kirche von England, Westfield House in Cambridge, hat auf verschiedene Weise dazu beigetragen, die Verbindungen zwischen beiden Kirchen zu vertiefen.
Die deutsche Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) hat ausgesagt, in der Kirchengemeinschaft mit der Finnischen Evangelisch-Lutherischen Mission sich zu befinden. Vom 21. bis 26. Mai 2019 fand die Kirchensynode der SELK, die alle vier Jahre tagt und der Diözesanversammlung der Missionsdiözese entspricht, im kleinen Ort Balhorn in Hessen statt. Die Kirchensynode befasste sich am 23. Mai mit Fragen der Kirchengemeinschaft. Sie erklärte, dass die SELK in der Kirchengemeinschaft mit der Missionsdiözese, der Det evangelisk-lutherske Stift i Norge, der norwegischen Schwesterdiözese der Missionsdiözese, der American Association of Lutheran Churches, den lutherischen Kirchen Argentiniens und Nicaraguas und der Concordia-Gemeinde in Deutschland sei.
Diese Entscheidung bedeutet, dass die Pfarrer der SELK und der Missionsdiözese ohne eine gesonderte Vereinbarung in den Gemeinden der anderen predigen und die Sakramente spenden und die Gemeindemitglieder am Abendmahl teilnehmen und von einer Kirche zur anderen wechseln können (die sogenannte Kanzel- und Altarverbindung). Die Diözesanversammlung der Missionsdiözese muss noch ihrerseits die Entscheidung im November bestätigen.
In seinem Grußwort an die Kirchensynode sagte Bischof Risto Soramies, dass die Missionsdiözese über die Kirchengemeinschaft freue.
– Jeder Christ sollte eine lutherische Gemeinde in Gehweite haben, zu der er guten Mutes gehen kann. Wir freuen uns, dass dieses Konzept in Deutschland sich seit langem bewährt hat, sagte Bischof Soramies.
Die Kirchensynode wurde mit einem Gottesdienst, in dem der Bischof von SELK, Hans-Jörg Voigt, predigte, am Sonntag beendet. Leiter der neuen Schwesterkirchen aus Finnland, aus Norwegen, aus den Vereinigten Staaten und aus Deutschland nahmen als Mitzelebranten an der Messe teil.
Die Vorgängerkirchen der SELK sind im 19. Jahrhundert aus dem Kirchenkampf entstanden. Die theologische Betonung der geistlichen Erfahrung sowie der Rationalismus haben es gewirkt, dass man den Unterschied zwischen der reformierten und der lutherischen Lehre etwa in Fragen Taufe und Abendmahl nicht mehr wahrnehmen konnte. Der Staat und die Kirchenleitung ließen lutherische und reformierte Kirchen durch Machtworte und sogar mit Gewalt zusammenschmelzen. Gleichzeitig war in den Kirchen überall in Deutschland die Liebe zum lutherischen Bekenntnis entstanden. Die Gläubigen weigerten sich, auf das Wort Gottes und auf das Bekenntnis zu verzichten und mussten entweder nach Übersee auswandern oder lutherische Freikirchen unter Verfolgung und Unterdrückung in Deutschland gründen.
Die SELK wurde als Kirche im Jahr 1972 geboren, als die meisten dieser deutschen konfessionellen lutherischen Freikirchen des 19. Jahrhunderts sich zusammenschlossen. In Gesprächen erklärten die SELK-Brüder, dass die Missionsdiözese sich heute in derselben Situation befinde wie die Väter der SELK vor etwa anderthalb Jahrhunderten.
https://selk.de/index.php/aktuelles/aktueller-monat/4886-kirchengemeinschaft-festgestellt
https://selk.de/index.php/aktuelles/aktueller-monat/4892-kirchengemeinschaft-und-ordnungen